Ihr Lieben!
Ich muss das Rad nicht neu erfinden,
daher ein Beitrag einer Kollegin von mir, zu einem sehr wichtigen Thema, das mir schon lange unter den Nägeln brennt.

Ich denke für den einen oder anderen von Euch sehr interessant und gut es zu wissen.
Eure BiBi
Der „hohe“ Stundensatz des Therapeuten – oder „Was am Tage/im Monat übrig bleibt“
Immer wieder begegnen mir Äußerungen von Interessenten an einer Behandlung oder auch bei Facebook: „Was für ein toller Stundensatz – den hätte ich auch gerne“.
Die meisten Therapeuten haben einen Stundensatz von 60 bis 90 EUR.
Daher möchte ich gerne zur Aufklärung dieses kritischen Themas beitragen.
In Deutschland liegt laut Statistiken das „Durchschnittsgehalt“ eines Vollzeitbeschäftigten bei etwa 3.770 EUR brutto. Davon bleiben, bei Steuerklasse IV, etwa 2.400 EUR übrig.
Was müsste der Therapeut/der Selbständige an Umsatz erreichen, um dieses Netto-Gehalt auf seinem Konto zu sehen?
In etwa würden 2.400 EUR netto einem Umsatz von 6.400 EUR entsprechen. Vom reinen Umsatz bleibt dem Therapeuten nach Abzug der Steuern und sonstigen Abzüge etwa 1/3 übrig.
Ein guter Umsatz für einen Selbständigen ist bereits ein Betrag von 3.000 EUR brutto.
Was bleibt netto von diesem Umsatz übrig?
3.000 EUR Umsatz
./. 19 % Umsatzsteuer 480 EUR
./: Praxisausgaben 300 EUR
./. Rentenversicherung 400 EUR
./. Krankenversicherung 400 EUR
./. Steuern 300 EUR
= Einkommen (netto) 1.100 EUR
Es handelt sich hier um gerundete und ca.-Angaben, die natürlich von der persönlichen Situation abhängig sind und geringfügig schwanken können.
Zu den Praxisausgaben gehören beispielsweise Fachbücher, Fachzeitschriften, Telefon, Internet, Wartung der Homepage, Mitgliedsbeiträge, Seminare, Versicherungen usw. Wenn dann noch ein oder zwei Räume gemietet werden, müssen weitere mehrere Hundert EUR in Abzug gebracht werden. Dann bleiben, wenn überhaupt, vielleicht noch 600 oder 700 EUR netto übrig.
Nicht jede Stunde wird bei einem Selbständigen bezahlt. Urlaub, Krankheit, Seminare sind unbezahlt, jedoch auch kostenlose Infogespräche, viele Mails, administrative Tätigkeiten, wie Buchhaltung, Steuern, Erstellung der Rechnungen etc. Auch Werbung ist heute unbedingt nötig, d.h. Schreiben von Artikeln in Zeitschriften, Beiträgen auf Facebook, im Blog. Der Selbständige muss also für „unbezahlte Zeiten“ Rücklagen bilden.
Außerdem wird nicht jede Minute der Leistung an den Kunden abgerechnet. Private Gespräche im Telefonat und vor Ort werden natürlich herausgerechnet, kurze Mails bleiben unberücksichtigt, obwohl Lesen und Antworten hier einiges an Zeit kostet. Ich arbeite zum Großteil homöopathisch und „denke“ noch lange über eine mögliche Verordnung nach, wälze Bücher (mehrere Materia Medicas beispielsweise), das stelle ich selbstverständlich nicht dem Kunden in Rechnung.
Ausgehen kann man von etwa 10 bis 11 Tagen im Monat, an denen der Selbständige „Geld verdienen“ kann.
Ein Beispiel für einen Tag zum „Geld verdienen“:
Eine Anamnese vor Ort dauert fast immer 2 Stunden, hinzu kommen, jedenfalls im Rheinland, Fahrtzeiten von etwa 2 bis 3 Stunden für die Hin- und Rückfahrt, dann die Heimarbeit von 2 bis 3 Stunden. Also folglich kann nur eine einzige Anamnese am Tag erfolgen. Diese würde, wenn ich von meinen Gebühren-Paketen ausgehe, 210 EUR kosten. Also 1 Tag für einen Umsatz von 210 EUR gearbeitet. Umsatz, nicht Gewinn!
Und noch ein paar Infos zum Thema Weiterbildung:
Ich habe mehrere Zehntausend EUR für Weiterbildungen, Praktika, Fachbücher und Geräte in meiner Praxis ausgegeben – teilweise vor dem Start meiner Praxis und weiter während dem Betrieb. Leider fand kein Seminar „um die Ecke“ statt, sondern alle waren mit hohen Reisekosten verbunden. Allein diese Ausgaben wieder „reinzubekommen“ ist sehr schwierig. Und selbstverständlich nehme ich auch weiterhin regelmäßig an Weiterbildungen teil und lese Fachbücher.
Was am Tage übrig bleibt … ist jetzt nicht viel oder? Habt ihr das geahnt? Findet ihr den Stundensatz immer noch zu hoch? Dieser gilt übrigens für viele Selbständige, nicht nur für Therapeuten.
Von Monika Weßeling